Mordkapelle by Berling Carla
Autor:Berling, Carla
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne TB
veröffentlicht: 2017-01-27T11:13:54+00:00
18
»Im Ernst? Die Rosie hat unten in Frankreich die ganze Zeit ’n Techtelmechtel mit’m Franzosen gehabt? Wie hieß der? Fronnswah? Und der schöne Ludwig hat da nix von gewusst? Kinder, erzählt mir doch nicht solchen Quatsch.«
Tante Sophie stand am Küchentisch und stützte sich mit ausgestreckten Armen ab. Ira wusste genau, dass sie in wenigen Augenblicken zum Büfett gehen, vier ineinandergestapelte Pinnchen rausholen und auf den Tisch stellen würde. Genau so war es. An Coco gewandt, sagte Tante Sophie: »Du darfst ja leider nicht, wenn du mit der Taxe da bist. Aber find ich prima, dass du die beiden vom Flughafen geholt hast, is ’n feiner Zug.«
Tante Friedchen begab sich derweil o-beinig, eine Hand in den offenbar schmerzenden Rücken gestemmt, zum Kühlschrank und kam mit dem eisgekühlten Brakenschnaps zurück.
Natürlich hatten sie haarklein berichten müssen, was sie in Südfrankreich herausgefunden hatten. Coco wurde schon während der Fahrt vom Flughafen nach Eskendor auf den neuesten Stand gebracht. Als Ira ihren Bericht beendet hatte, runzelte Coco die Stirn. »Was soll das überhaupt heißen, Rosie war ein gestohlenes Kind? Wahrscheinlich hat sie wirklich fantasiert. Wenn ich das richtig sehe, müssen wir zuerst mal wissen, woran sie gestorben ist. Wie kann man nach so langer Zeit die Todesursache herausfinden? Egal. Schaffen wir schon. Und wir müssen ihren Lover ausfindig machen. Hast du ’ne Ahnung, wie man das anstellen kann?«
Andy erklärte, dass er den Bürgermeister und früheren Chauffeur Théo Marnier nach Rosie und François fragen wollte. Er musste beide gekannt haben, es sei denn, Rosie hatte ihn immer dann weggeschickt, wenn sie mit François allein gewesen war. Andy wollte Marnier gleich morgen, am Montag, anrufen.
»Das wäre geklärt. Ira, und was machst du?«, fragte Coco.
»Ich schreibe erst mal meine Story, dann frage ich Kommissar Brück, was ich gegen diesen Telefonterroristen tun kann.«
Ira lächelte. Es gefiel ihr, dass ihre Freundin sich so engagierte, obwohl sie mit dem Taxi-Unternehmen, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Heiko führte, und mit ihrer riesigen Familie weiß Gott genug um die Ohren hatte. Ira und Coco kannten sich schon seit der Schulzeit, hatten sich aber erst im Frühsommer nach vielen Jahren wiedergetroffen, als Ira über den Fall des ermordeten Verlegers schrieb, der nackt im alten Schlachthof gehangen hatte. Während Ira in Bielefeld studiert, volontiert und später in Köln gelebt hatte, hatte Coco früh eine Familie gegründet. Sie betonte es gern: »Ich bin seit fast dreißig Jahren verheiratet. Und immer noch mit demselben Mann.« Mit Heiko hatte sie vier erwachsene Kinder, vier Schwiegerkinder und drei Enkel, außerdem gehörten zwei Hunde und dreiunddreißig Fische zu ihrem Haushalt. Dass sie in ihrer Freizeit mit dieser imposanten Harley Davidson durch die Gegend bretterte und für jeden, ob er es wollte oder nicht, Schals strickte, passte eigentlich genauso wenig ins Bild wie ihr Hang zu Kriminalfällen. Aber es war genau das, was Ira an ihr mochte: Coco passte in keine Schublade.
Ira wandte sich wieder der abendlichen Runde am Küchentisch zu. »Nich’ lang schnacken, Kopp in’n Nacken!«, rief Tante Sophie und ging mit gutem Beispiel voran. Erst nachdem sie die Gläser wieder gefüllt hatte, setzte sie sich.
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